Vom Schiff ins Lager – ein Blick hinter die Kulissen des Hamburger Hafens

Hamburg ist bekannt für die Speicherstadt, die Elbphilharmonie und natürlich für den Hafen. Ein in Ort voller Geschichte und globaler Bewegung, das Tor zur Welt. Aber was passiert eigentlich genau, wenn ein Containerschiff im Hamburger Hafen ankommt?

Wenn das Containerschiff, welches in Puerto Cortés in Honduras startet, die Elbe erreicht, hat es bereits mehrere Tausend Kilometer und mehrere Wochen Seeweg hinter sich. Entlang der Elbe fährt es nun auf der letzten Etappe in Richtung Terminal – oft nicht voll beladen. Denn der Fluss ist in weiten Teilen zu flach, um große Frachter bei jedem Wasserstand sicher durchzulassen. In dem Moment, in dem das Schiff am Terminal im Hamburger Hafen festmacht, beginnt ein minutiös getakteter Prozess. Es beginnt die sogenannte Interchange-Prozedur, ein definierter Moment, in dem die Verantwortung für die Fracht vom Reeder an das Terminal übergeht.

Für den Container mit deinem Kaffee bedeutet das: Jetzt übernimmt das Hafenpersonal. Brückenfahrer steigen in ihre Kabinen hoch über dem Terminal und steuern mit feinem Gespür die Kräne, die tonnenschwere Container aus dem Bauch des Schiffs holen. Die meisten Container im weltweiten Umlauf sind dabei 40 Fuß Container. Bis zu 26 Lagen Container kann ein großes Frachtschiff beherbergen, die Hälfte davon unter Deck. Die Kranführer haben nicht viel Zeit: Durchschnittlich wird mit 30 Moves pro Stunde gerechnet, das bedeutet, pro Container haben sie 2 Minuten Abladezeit. Das ist Millimeterarbeit unter Hochdruck, besonders, wenn Wind geht oder das Schiff noch leicht schwankt. Zudem sind die Container über sogenannte Twistlocks verbunden, die die Container während der Überfahrt vor dem Abgang schützen sollen. Für den Abladevorgang müssen sie nun sorgfältig gelöst werden. Ist der Container gelöst, hebt die Brücke ihn an Land. Dort wartet schon ein sogenannter Van Carrier (VC), ein großes, von Menschen gesteuertes Fahrzeug, was einer riesigen Ameise gleicht. Der VC nimmt den Container auf und bringt ihn innerhalb kurzer Zeit in das sogenannte Blocklager direkt auf dem Terminalgelände.

Eine Ausnahme unter den Terminals am Hamburger Hafen ist das Terminal Altenwerder. Hier entstehen derzeit vollautomatisierte Brücken. Menschen sitzen hier in naher Zukunft nicht mehr in den Kränen hoch über den Schiffen, sondern steuern das Abladen der Container per Joystick aus Büros. Die moves sollen so von 30 auf ca. 45 pro Stunde erhöht werden. Auch die Van Carrier in Altenwerder sind bereits autonom unterwegs, als sogenannte AGVs (Automated Guided Vehicles): sie erkennen ihre Routen über Transponder im Boden, blinken, beachten die Verkehrsregeln und fahren sogar bei Nacht mit Licht. Ganz ohne Personal.

Auch hier kommen die Container nun in ein Blocklager, quasi ein automatisiertes Hochregallager, das wie ein riesiges Tetris-Spiel funktioniert. Hier wird der Kaffee-Container nicht einfach irgendwo abgestellt. Er wird so platziert, dass er zum richtigen Zeitpunkt wieder zugänglich ist. Damit das funktioniert, müssen andere Container regelmäßig umsortiert werden: eine Aufgabe, die automatisiert verläuft und von Kränen im Blocklager verrichtet wird.  

Wenn der Kaffee-Container zur Abholung bereit ist, wird der Container aus dem Blocklager nach vorne geholt, auf einen LKW verladen und zum nächsten Ziel gebracht:  unserem Rohkaffee-Lager bei Vollers. Unweit der Terminals in Steinwerder, wo der Container entladen und der Rohkaffee eingelagert wird.  

Während 1970 noch rund 18.000 Schiffe Hamburg anliefen und etwa 50 Millionen Tonnen Güter umschlugen, waren es 2022 nur noch etwa 8.000 Schiffe mit fast 120 Millionen Tonnen Ladung. Die Schiffe sind größer, die Abläufe komplexer geworden. Rund 130.000 Arbeitsplätze hängen heute direkt oder indirekt am Hamburger Hafen. Was für Außenstehende wie eine riesige Fläche voller Container und Kräne aussieht, ist in Wahrheit ein fein abgestimmter, lebendiger Prozess – getragen von Menschen, deren Erfahrung und Aufmerksamkeit dafür sorgen, dass Dein Tatico-Kaffee sicher und pünktlich ankommt. Hinter jeder Tasse steckt nicht nur faire Landwirtschaft in Honduras, sondern auch ein beeindruckender logistischer Kraftakt – mitten im Herzen Hamburgs.