Roger Edgardo Irias Mena sitzt nachdenklich am Tisch im Seminarraum der Kolping Röstwerkstatt. Am 2. September vergangenen Jahres ist er in Deutschland gelandet. Nun neigt sich sein Aufenthalt dem Ende zu und der Abschied steht vor der Tür. Viel hat der junge Mann während seines Freiwilligendienstes in Brakel erlebt. Im Interview spricht er darüber.
Roger, stelle dich bitte kurz vor. Wer bist du, woher kommst du, was sollte man von dir wissen?
Mein Name ist Roger. Ich bin Kaffeeproduzent. Ich bin 26 Jahre alt und komme aus El Paraíso in Honduras. Meine Liebe zum Kaffee existiert, seit ich ein Kind bin.
Was war deine Motivation, für ein Jahr nach Deutschland zu kommen und dich über so lange Zeit freiwillig zu engagieren?
Es gab zwei Gründe. Der erste ist, dass ich schon immer den Traum hatte, zu reisen. Und der zweite ist die Liebe zum Kaffee. Ich wollte schon immer die ganze Welt des Kaffees kennen lernen. Diese Welt ist sehr groß und die Möglichkeit, beides zu verbinden wurde mir durch den Freiwilligendienst gegeben. Und deshalb bin ich hier – aus Liebe zum Kaffee.
Wie hat dir die Arbeit in der Rösterei gefallen?
In der Röstwerkstatt zu arbeiten hat mir sehr viel Freude bereitet. Ich habe eine kleine Familie auf der Arbeit gefunden und gute Freunde. Und es war eine der schönsten Erfahrungen für mich in meinem Freiwilligendienst, diesen Teil der Lieferkette und der Vermarktung von Kaffee kennen zu lernen. Das hat mir dabei geholfen, viele Dinge besser zu verstehen.
In Kürze reist du in deine Heimat Honduras zurück. Wie fühlst du dich aktuell? Wie schaust du auf deinen Freiwilligendienst zurück?
In diesem Moment ist meine Gefühlslage sehr schwierig, denn ein Teil von mir ist sehr glücklich und ein anderer Teil ist sehr traurig. Ich bin glücklich im Wissen, dass ich bald zurückkehre, dass ich nach so langer Zeit meine Familie, meine Freunde und meine Freundin wieder in die Arme schließen kann. Aber ich bin auch traurig, weil ich viele Geschichten hierlasse, viele Freundschaften, viele unvergessliche Momente.
Auf meinen Freiwilligendienst schaue ich sehr zufrieden zurück. Ich konnte mich weiterentwickeln aber auch meine Kenntnisse einsetzen. Anfangs hatte ich viele Bedenken, ob ich das schaffe.
Was würdest du Freiwilligen raten, die nach Deutschland kommen?
Einer meiner Ratschläge ist, dass die Freiwilligen die Zeit hier genießen sollten. Dass sie viel ausprobieren, Neues ausprobieren, keine Angst haben und neue Orte kennen lernen.
Dass sie aber auch immer das Beste von sich geben und von Anfang an die Sprache lernen. Denn Kommunikation ist so wichtig. Es ist unheimlich wichtig, dass sie mit den Familien und auf der Arbeit kommunizieren können, denn nur das ermöglicht es, sich vollständig einzubringen.
Was den Winter betrifft: Der Winter ist eine schwierige Zeit. Ich hatte keine Ahnung, was das bedeutet. Ich würde den Freiwilligen raten, dass sie sich eine Beschäftigung im Haus suchen, die ihnen Freude bereitet und die dazu beiträgt, dass der Winter schneller vergeht.
Es ist auch wichtig zu wissen, dass Deutschland ein sehr organisiertes Land ist. Deshalb würde ich auch den Ratschlag geben, die Freizeit gut zu organisieren, auch wenn das für uns vielleicht eher unüblich ist.
Was wirst du in Honduras von deinem Leben in Deutschland vermissen? Auf was freust du dich wieder ganz besonders in Honduras?
Was ich auf jeden Fall vermissen werde, ist die Sicherheit. Ich kann hier zu jeder Zeit rausgehen, allein, ohne Angst, dass mir was passiert. Das kannte ich so nicht. Ich werde auch die Organisation und Verlässlichkeit des öffentlichen Nahverkehrs vermissen. Und das Bier! (lacht)
Welche Chancen siehst du im weltwärts Süd-Nord Programm für junge Honduraner?
Ich glaube an die honduranische Jugend. Und ich glaube, dass wir sehr viel können. Was uns fehlt, sind Möglichkeiten. Möglichkeiten, um unsere Fähigkeiten zu zeigen und einzusetzen. Als Land, aber auch als Individuen.
Dieser Dienst, die persönlichen Beziehungen und die Freundschaften, die sich daraus entwickeln, das sind solche Möglichkeiten.
Hast du Pläne für nach dem Freiwilligendienst?
Zunächst werde ich versuchen, mir etwas Zeit zum Ankommen zu geben. Aber ich habe auch einen Traum. Der ist nicht neu, den habe ich schon lange, aber ich möchte ihn weiterverfolgen, wenn ich zurückkomme.
Dafür werde ich auf meiner Kaffeefinca die Produktion umstellen und mich ausschließlich auf die Produktion von Spezialitätenkaffees fokussieren.
Und dann werde ich meinen Traum weiterverfolgen, meine eigene Cafeteria zu eröffnen.